Durst 08/2021

10 Hauptgang Welche Bedeutung haben Spirituosen für die Gastronomie? Arthur Nägele: Das lässt sich nicht über einen Kamm scheren. In einer Dorfbeiz haben Spiri- tuosen einen anderen Stellenwert als in einem gehobenen Restaurant oder in einer Bar. Das Konzept eines Gastronomiebetriebs definiert die Wichtigkeit des Hochprozentigen. Deshalb sollte die Spirituosenkarte auf die Ausrich- tung, die Gäste und die Küche eines Betriebs abgestimmt sein. Das gilt auch für die Trends: Für einige Betriebe lohnt es sich, fast jedem Trend zu folgen, für andere nicht unbedingt. Welche Trends sind zurzeit aktuell? Generell ist die Qualität gestiegen: Die Gäste bestellen heute mehr gehobene Spirituosen als Spirituosen – ein lukrativer Cocktail Neue Trends, kreative Bartender, Gin-Dinners und immer mehr Gäste, die das Bedürfnis nach gehobenen Spirituosen haben und bereit sind, dafür etwas tiefer ins Portemonnaie zu greifen: Das Geschäft mit Hochprozentigem ist für die Gastronomien ein lukrativer Cocktail. Umso wichtiger ist es, die richtigen Spirituosen im Angebot zu haben und die gefragtesten Drinks zu mixen. Das Geschäft mit Hochprozentigem D er Schweizer Spirituosenmarkt ist seit über zehn Jahren stabil. Laut demVer- band «Spiritsuisse» liegt der Gesamt- konsum bei rund 122900 Hektolitern, wovon rund 20 Prozent aus einheimischer Produktion stammen. Mit jährlich 2,2 Milliarden Franken Umsatz erreichen die Spirituosen mehr als ein Viertel des Gesamtumsatzes imAlkoholsektor. Davon entfällt rund die Hälfte auf den Ausser- Haus-Markt, also auf die Gastronomie. Allein diese Zahlen beweisen, dass Spirituosen für die Branche ein wichtiger Umsatzfaktor sind. Spirituosen-Sommelier Arthur Nägele stellt fest, dass vor allem die Nachfrage nach gehobenen Spirituosen steigt (vgl. Interview unten). Für die Gastronomie sei dies ein gros- ses Potenzial: «Wer ein Konzept hat und sein Angebot bewusst pflegt, kann sich neue Um- satzmöglichkeiten erschliessen.» Drei Hauptingredienzen für den Erfolg Der Erfolg in der Gastronomie mit Spirituosen basiert auf drei Hauptingredienzen: Zum einen geht es darum, die für den Betrieb und das Ziel- publikumrichtigen Produkte imAngebot zu ha­ ben. Zumanderen sollteman denMarkt genau beobachten, denn es gibt regelmässig neue Trends, die es aufzunehmen gilt. Neben den Dauerbrennern Whisky, Gin und Rum werden zurzeit saure Cocktails und Shortdrinks häufig bestellt, und als interessante Nische wächst auch der Umsatzmit alkoholfreien Spirituosen. Wie in vielen anderen Bereichen boomt zudem die Nachfrage nach regionalen Produkten. Die dritte unabdingbare Ingredienz für den Er- folg mit Spirituosen ist die Kreativität. Wenn es um Hochprozentiges geht, sind die Gäste ganz besonders daran interessiert, Neues kennen- zulernen. Das nächste «grosse Ding» wie der Hugo ist laut Arthur Nägele zwar nicht in Sicht, mit Fantasie und Sachkenntnis lassen sich aber innovative Drinks kreieren, die Gäste anziehen und dem Lokal einen Stempel aufdrücken. Für die Gastronomie sind Spirituosen ein lu- krativer Cocktail. Was genau dieser Cocktail enthalten soll, hängt aber stark von der Art des Betriebs ab. Umso mehr lohnt es sich, ein Kon- zept zu haben und sich beraten zu lassen. «Gehobene Spirituosen sind stark angesagt» Von A wie Absinth bis Z wie Zwetschgenbrand. Der Spirituosen-Sommelier Arthur Nägele ist ein international anerkannter Fachmann. DURST sprach mit dem Gründer und Leiter der Spirituosenakademie über die Bedeutung von Hochprozentigem für die Gastronomie, angesagte Trends und Spirituosen-Dinners. Spirituosen-Experte Arthur Nägele: Arthur Nägele früher und sind bereit, dafür auch einen höhe- ren Preis zu bezahlen. Während Gin, Rum und Whisky schon lange Highflyer sind, stelle ich ein Revival der Obstbrände fest. Diese werden oft in Holzfässern gelagert, womit eine Annä- herung an Rum und Whisky erreicht wird. Die Wiederentdeckung der Obstbrände ist im Obstbrand-Land Schweiz eine Chance für lo­ kale und regionale Produkte, die ja generell im Trend liegen. Zuletzt haben viele Schweizer­ innen und Schweizer wegen Corona im eigenen Land Ferien gemacht und die einheimischen Produkte kennen- und schätzen gelernt. Auch die Barkeeper wissen, dass das Gute sehr nahe liegt: In letzter Zeit werden lokale und regiona- le Produkte immer häufiger und mit grossem Erfolg nachgefragt und angeboten.

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