Durst 10/2021

Hauptgang 11 Michel Brossard macht eine erstaunliche Aus- sage: «Insgesamt war die Corona-Krise für uns eine Riesenchance.» Dank der Kurzarbeit habe Der Gasthof Bären Gerzensee liegt im Berner Mittelland, am Südhang des Belpbergs. Seit 2011 führt Michel Brossard den Traditions­ betrieb, seine Partnerin Doris Tschanz unter- stützt ihn buchhalterisch und auch im Service. Der Gastgeber und Küchenchef des «Bären» legt Wert auf saisonale Produkte aus der Regi- on und arbeitet seit zehn Jahren eng mit Pro- duzenten aus der nahen Umgebung zusammen. Zur Nachhaltigkeit gehört für ihn aber auch die Ausbildung junger Berufsleute. Michel Brossard ist Autor des Buches «Kuli- narischer Kalender». Er hat 2003 an der Koch- kunstausstellung Basel Gold und 2004 an der Olympiade der Köche Silber gewonnen. www.baeren-gerzensee.ch GA STHOF BÄREN gross gewesen, und durch Corona habe er zu- sätzlich anDynamikgewonnen. AnitaGschwind ist überzeugt: «Jetzt ist Nachhaltigkeit auch in der Gastronomie voll imTrend, zumal die Gäste ebenfalls immer mehr Wert darauf legen.» Deshalb trage man sich bei «ibex fairstay« mit dem Gedanken, auch Gastronomiebetriebe zu zertifizieren, zumal ein Grossteil der erstellten Kriterien auch in diesem Bereich gelte. Man kann sein Hotel, sein Restaurant oder seine Bar zwar auch nachhaltig führen, ohne ein Zer- tifikat zu haben. Laut Anita Gschwind ist «eine gewisse Überprüfbarkeit» aber hilfreich: «Der Fragebogen dient auch der Sensibilisierung. Man sieht, wo es noch Luft nach oben hat.» Der soziale Aspekt Wichtigste Voraussetzung für Nachhaltigkeit ist das Engagement der Menschen. «Es gibt viele Vorreiter, die Verantwortung für kommende Ge- nerationen übernehmen. Auch in kleineren Be- trieben ist eine Menge Herzblut vorhanden», sagt Anita Gschwind und spricht vom sozialen Aspekt der Nachhaltigkeit: «Nur wenn man die Mitarbeiter zu Mitdenkern macht, übernehmen sie Verantwortung. Deshalb ist es wichtig, sich mit dem Personal auseinanderzusetzen und auf dessen Bedürfnisse einzugehen.» Davon profitiert nebst der Nachhaltigkeit auch der Gastronomiebetrieb. Anita Gschwind: «Mitar- beitende, die ernst genommen werden, arbei- ten engagierter und bleiben dem Arbeitgeber länger treu.» Vor dem Hintergrund des Fach- kräftemangels sei dies ein relevanter Aspekt. Doris Tschanz und Michel Brossard. Nachhaltigkeit hat aber auch viel mit Ökonomie zu tun. Wer das verantwortungsvolle Handeln konsequent in sein Qualitätsmanagement inte- griert und es seinen Gästen auch kommuniziert, hat gegenüber den Mitbewerbern einen ent- scheidenden Vorteil. Das sehen viele Gastro­ nomen ebenfalls so. Für rund vier von fünf der imAuftrag von Feldschlösschen in diesemSom- mer befragten Kunden ist Nachhaltigkeit auch ein wichtiges Argument bei der Pflege beste- hender und der Gewinnung neuer Gäste. Keine Frage: Nachhaltig ist man in erster Linie aus Verantwortung – umso erfreulicher, dass sich dieses Engagement auch im Betriebs- ergebnis positiv niederschlägt. www.ibexfairstay.ch man niemanden entlassenmüssen und die Zeit für Weiterbildungen genutzt. «Auch das ist ein wichtiger Aspekt der Nachhaltigkeit», sagt er und verweist auf den Fachkräftemangel, der sich in der Gastronomie zuspitze. Der Gasthof Bären ist zwar auch davon betroffen. Weil sich die Mitarbeiter wohlfühlen, halten die meisten ihremArbeitgeber aber die Treue. «Ein ehema- liger Lehrling kam gerne aushelfen, und einen Koch haben wir für den Service umgeschult», erzählt Michel Brossard. Nicht zuletzt dank dem nachhaltigen Konzept ist der Restart nach den Lockdowns gelungen. Glücklich und auch ein wenig stolz sagt Michel Brossard: «Die Leute schätzen unser Engage- ment und kehren gerne wieder im ‹Bären› ein. Sie sind auch bereit, sich wieder etwas Feines zu leisten. Das erlaubte uns, die Preise für die Menüs moderat zu erhöhen.»

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