Durst 12/2021

10 Hauptgang W arum hat die Gastronomie nicht mehr Fans?» In der Frage von Nicolas von Graffenried schwingt so etwas wie Verzweiflung mit, sie liefert aber auch einen Hinweis auf den Hauptgrund des akuten Personalmangels in der Branche: die fehlende Wertschätzung. «Ich akzeptiere, dass junge Menschen andere Vorstellungen von Arbeitszeiten undWork-Life- Balance haben», sagt der erfahrene Gastronom Dringend gesucht: Mitarbeitende Die Corona-Pandemie hat viele Trends beschleunigt – auch jenen des Personalmangels in der Branche. Experten, Gastronomen und Hoteliers sind sich einig: Gründe für das Fehlen von Mitarbeitenden gibt es viele. Auf den folgenden Seiten geht DURST dem sich zuspitzenden Problem auf den Grund und zeigt auch Lösungsansätze auf. Personalmangel in der Gastronomie und der Hotellerie D ie Adecco Gruppe Schweiz zeichnet für die Entwicklung der Branche ein durchaus positives Bild: «Das Gast- gewerbe hat bereits im 2. Quartal 2021 einen Aufschwung erlebt. Auch die Zahl der Logier- nächte in der Hotellerie legte deutlich zu», sagt Monica Dell’Anna, die Leiterin der Adecco Gruppe Schweiz. Und: «Seit dem3. Quartal 2021 sind für die Berufe von Gastronomie und Hotel­ lerie erstmals seit einem halben Jahr wieder viel mehr Stellen ausgeschrieben.» Die Kehrseite der Medaille: Der schon vorher existierende Personalmangel hat sich im Laufe dieses Jahres zugespitzt. «Die Branche hat mit grossen Rekrutierungsschwierigkeiten zu käm­ pfen. Viele Mitarbeitende haben während der Corona-Pandemie Jobs in anderen Branchen gefunden und nun deutlich höhere Erwartungen an die Arbeitgeber», sagt Monica Dell‘Anna und erwähnt auch gleich ein weiteres Indiz für die Personalknappheit: «Die Betriebe von Gastro- nomie und Beherbergung haben bei den RAV’s bzw. bei Jobroom viele meldepflichtige Stellen gemeldet. Die Zahl der registrierten Arbeits­ losen in der Branche ist über die Sommer­ monate wieder deutlich gesunken.» Die DURST-Redaktion hat mit Gastronomen und Experten gesprochen. Diese bestätigen unisono: Der Personalmangel ist zurzeit das Hauptproblemder Branche. Nicht einig ist man sich über die Gründe. Hauptsächlich werden folgende vier Ursachen genannt und jeweils auch gleich Lösungsvorschläge unterbreitet: Grund 1: fehlende Wertschätzung Das Problem: «Die Politik hat uns mit den Lockdowns vermittelt: ‹Deine Branche ist nicht systemrelevant, dich braucht es nicht.›» Laut GastronomSvenWeber ist dies der Hauptgrund für den Personalmangel. Auch Urs Masshardt kritisiert die fehlende Wertschätzung. Der Ge- schäftsleiter der Hotel & Gastro Union ortet die­ se aber auch bei den Arbeitgebern. «Wir werden wieder Lernende ausbilden» «Der Personalmangel ist zurzeit das grösste Problem der Branche», sagt Nicolas von Graffenried. Der CEO der Restaurants Commercio- Piccadilly AG, die in Zürich acht Lokale betreibt, verfolgt mehrere Lösungsansätze und will auch wieder Lernende ausbilden. Nicolas von Graffenried, CEO Restaurants Commercio-Piccadilly: und regt an: «Wir müssen aufeinander zugehen. Es braucht alle, die Arbeitgeber und die Arbeit- nehmer. Nur gemeinsam lassen sich Lösungen finden, aber das braucht Überzeugungsarbeit und die Bereitschaft, etwas zu verändern.» Zwei Hauptgründe Für Nicolas von Graffenried ist klar: «Die The- men ‹Guter, sicherer Arbeitsplatz› und ‹Frei- zeit/Erholung› sind hauptverantwortlich für den Personalmangel, erst danach folgen die Löh- ne.» Deshalb sei es wichtig, den Mitarbeitenden Wertschätzung entgegenzubringen und neue Arbeitszeitmodelle ins Auge zu fassen. Zur Wertschätzung: Während der Lockdowns hat man die Mitarbeitenden mit Newslettern auf dem Laufenden gehalten. Danach hat man die Betriebe so schnell wie möglich wiederer- öffnet und ist von Kurz- zu Vollarbeit überge- gangen. Nicolas von Graffenried sagt, die Mit- «Viele Mitarbeitende haben während der Corona-Pandemie Jobs in anderen Branchen gefunden.» Monica Dell’Anna, Leiterin Adecco Gruppe Schweiz

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