Durst 11/2022

10 Hauptgang Noémie Bernard, 2018 haben Sie mit nur 26 Jahren gemeinsammit Ihren Eltern das Traditionsrestaurant «Sternen» inWalchwil übernommen. Wie ist es dazu gekommen? Noémie Bernard: Ich fühlte mich für diesen Schritt einfach bereit. Meine Eltern hatten zu jener Zeit noch ein eigenes Restaurant, ich bin also mit meiner Idee auf sie zugegangen. So haben wir uns auf die Suche nach einem passenden Lokal gemacht und in Walchwil den «Sternen» gefunden, der zu jener Zeit nicht verpachtet war. Dann ging alles sehr schnell: Nach einem kurzen Probekochen konnten wir unmittelbar starten. Die neue Lust am Kochen Es gibt sie noch, die jungen Köchinnen und Köche, die diesen Beruf bewusst wählen und mit Leidenschaft ausüben. DURST stellt drei von ihnen vor. Sie sind keine Ausnahmen. Reto Walther stellt bei den seit Jahren rückläufigen Lehrverhältnissen eine Trendwende fest. Der Geschäftsführer des Schweizer Kochverbands sagt, was es braucht, damit sich junge Leute für den Kochberuf begeistern lassen. Talsohle bei Kochlehrstellen durchschritten Die Pandemie hat das Gastgewerbe hart getroffen, aber auch etwas Gutes gebracht: Was die rückläufigen KochLehrerhältnisse betrifft, sei «die Talsohle durchschritten», sagt Reto Walther. Während der Lockdowns hätten viele Menschen vermehrt selbst gekocht, das Bedürfnis nach gesunder Ernährung sei gestiegen. Der Geschäftsführer des Schweizer Kochverbands stellt in einigen Regionen ein erhöhtes Interesse am Kochberuf fest, «vor allem in Städten, wo der Arbeits- und der Wohnort oft nahe beieinander liegen». Es gibt also Grund zu vorsichtiger Hoffnung. Die sich abzeichnende Trendwende ist aber dringend nötig, denn zwischen 2013 und 2019 ist die Zahl der Lernenden bei den Köchinnen und Köchen um mehr als 20 Prozent gesunken. «Weiter runter dürfen wir nicht», sagt Reto Walther und präsentiert Lösungsansätze: «Unsere Befragungen zeigen, dass der Kochberuf nicht wegen der Löhne oder der Arbeitszeiten in Ungnade gefallen ist, sondern in erster Linie wegen der fehlenden Wertschätzung der Vorgesetzten und auch der Gäste.» Hier setzt der Eidg. Dipl. Küchenchef, der bei der Armee fast 19 Jahre für die Ausbildung der Köche zuständig war, mit seinen Lösungsansätzen an: Weniger Hierarchie: «Es steht und fällt mit dem Chef. Im Gastgewerbe führen viele immer noch zu hierarchisch und gehen zu wenig auf die Bedürfnisse ihrer Angestellten ein. In der Armee sagt man, für eine Reformbrauche es zehn Jahre. Im Gastgewerbe wahrscheinlich auch.» Vermehrte Präsentation: «Viele Köche verstecken sich in der Küche, dabei sollten sie sich dem Gast zeigen. Nur so können sie die Wertschätzung abholen, die ihnen fehlt.» Mehr Planung: «Planbarkeit ist gerade für die jungen Mitarbeitenden extremwichtig. Sie Sie gelten als Talent, haben drei Jahre bei der Sterne-Köchin Tanja Grandits im Restaurant Stucki in Basel gearbeitet. Sie haben also auch etwas aufgegeben. Ich hatte mich normal beworben, durfte einen Probetag machen und wurde praktisch vom Fleck weg engagiert. Es war eine sehr wert- volle Zeit. Ich konnte als Demi-Chef de Partie beginnen und mich danach schnell weiterentwickeln. So war ich früh bereit, die Selbstständigkeit in Angriff zu nehmen. Ein grosser Schritt, der Sie in Ihrer Generation zur Ausnahme macht. Ja, die meisten meiner Berufsfreundinnen und -freunde sind angestellt. Einige arbeiten als Privatköche – das kommt meiner Selbstständigkeit noch am nächsten. Das finanzielle Risiko und der betriebliche Mehraufwand sind nicht ohne. Ist der Kochberuf immer noch attraktiv? Absolut, ich würde sogar sagen, immer mehr. Grosse Köche haben eine schöne Medienpräsenz und können sich in diversen Bereichen engagieren – das ist schon sehr spannend. Ausserdem kann man sehr kreativ sein und die «Wir jungen Köche sorgen für frischen Wind» Noémie Bernard, Küchenchefin im «Sternen» Walchwil «Grosse Köche können sich in diversen Bereichen engagieren.» Noémie Bernard Reto Walther. Noémie Bernard ist 30 Jahre alt und führt als Küchenchefin gemeinsam mit ihren Eltern den renommierten «Sternen» in Walchwil, ein Spitzenrestaurant mit 15 Gault-Millau-Punkten. Sie findet ihren Traumberuf attraktiver denn je.

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