Durst 05/2023

Hauptgang 13 Seit fünf Generationen führt die Familie Bolliger den Gasthof Löwen in Gontenschwil. Obschon sie sich ökologisch der Zeit angepasst hat und die Produkte aus der Region kommen, wird Nachhaltigkeit nicht thematisiert, sondern gelebt. Die Verankerung im Dorf war, ist und wird auch künftig das wichtigste und auch nachhaltige Kapital des Traditionsbetriebs bleiben. Gasthof Löwen in Gontenschwil Wo Nachhaltigkeit menschlich ist Nachhaltigkeit ist ein Begriff, den man intuitiv mit den grossen Themen unserer Zeit verbindet: Umwelt, Energie, Konsum. Themen, die längst auch im Gasthof Löwen im aargauischen Gontenschwil angekommen sind. Und dennoch nicht im Mittelpunkt stehen. «Für uns zählt, dass unsere Gäste kommen. Von ihnen leben wir», sagt Tanja Bolliger. Was sie damit meint: Nachhaltigkeit äussert sich hier vor allem in der starken Verankerung in der Umgebung. Tatsächlich ist das Traditionshaus seit 1908 im Familienbesitz. Zusammen mit ihrer Schwester Stefanie führt es die 34-Jährige heute in der fünften Generation. Vater Fredi steht noch immer in der Küche, Mutter Yvonne hilft, wo sie kann. In der 2100-Seelen-Gemeinde kennt die Bolligers jeder, ihr «Löwen» mit den beiden Sälen und der Gartenwirtschaft ist im Dorf eine gesellschaftliche Institution. Tanja Bolliger (links) führt den Gasthof, ihre Eltern Yvonne und Fredi helfen tatkräftig mit. Während Corona übernahmen die Töchter den Betrieb, und man entschied sich, noch einmal kräftig in einen Umbau zu investieren. Decken, Böden, Inneneinrichtung, Installationen – alles erneuert. Darüber hinaus wurde die Elektroheizung durch eine ökologischere Wärmepumpe ausgetauscht. «Wir haben dabei fast ausschliesslich auf Unternehmer gesetzt, die regelmässig zu uns in den Gasthof kommen. Das mag etwas mehr gekostet haben, aber davon profitieren wir. Diese Leute kommen wieder, und auch das ist ein Stück Nachhaltigkeit», sagt Fredi Bolliger. So hält man es im «Löwen» traditionell auch mit den Lebensmitteln. Bis in die 1990er-Jahre hatten die Bolligers im Haus eine eigene Metzgerei, inzwischen beziehen sie das Fleisch für ihre gutbürgerliche Küche beim Metzger aus dem benachbarten Zetzwil. Das Gemüse kommt ebenfalls aus der Region und ist ebenso nachhaltig. Die Nachfrage nach vegetarischen Gerichten habe zugenommen, sagt Tanja Bolliger: «Dabei ist es den Leuten gar nicht so wichtig, ob es bio ist oder nicht. Wichtig ist, dass sie bekommen, was sie sich wünschen.» Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit hat stark zugenommen. «Meine Grosseltern und Eltern hatten gar keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen», erzählt Fredi Bolliger. «Die haben kaum einen Tag Ferien gemacht und bis zum Tod gearbeitet. Im Winter haben sie die Heizung von Hand mit Kohle befeuert und die Metzgerei und den Gasthof am Laufen gehalten.» Er selbst erlernte als ältester Sohn den Metzgerberuf und übernahm das Haus 1981. Weil er kurz darauf einen Umbau mit Krediten finanzierte, war er stark damit beschäftigt, das Geschäft auszubauen und neue Felder zu erschliessen. An seinen Töchtern ist es nun, den Betrieb zu konsolidieren und die grosse Herausforderung der Zeit zu meistern: den Fachkräftemangel. «Wir müssen für das Personal so attraktiv wie möglich sein», sagt Tanja Bolliger. Auf die Selbstverständlichkeit von früher könne man heute nicht mehr zählen. Auch in dieser Hinsicht gelte es, sich nachhaltig zu verhalten. www.loewen-gontenschwil.ch «Die Eltern und Grosseltern hatten gar keine Zeit, sich Gedanken zu machen.» Vater Fredi Bolliger «Die Nachfrage nach vegetarischen Gerichten hat zugenommen.» Tochter Tanja Bolliger

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