Durst 08/2023

People & Unterhaltung 19 Auf ein Bier mit Foodscout und DURST-Kolumnist Richi Kägi Ein Foodscout bereist die Welt auf der Suche nach Inspiration, exquisiten Produkten und Trends. Das klingt nach einem Traumjob. Richi Kägi: Das ist er zweifelsohne. Die Erkenntnis ist durch die Rückmeldungen von Dritten gekommen – etwa von Bankern, die sich neu orientieren wollten und mir in Blindbewerbungen genau das vermittelten. Lustigerweise war mir das früher gar nicht so bewusst. Wahrscheinlich, weil ich immer nur das gemacht habe, wofür ich wirklich brannte. Es ging mir nie ums Geld oder die Karriere. Wo waren Sie denn zuletzt? In Portugal. Da habe ich für mein neues Projekt, den Online-Shop «Homemade», in dem sich alles um die Küche und den Tisch dreht, einige neue Ideen aus den Bereichen Keramik, Textilien, Besteck oder Steakmesser gefunden. Wichtig war dabei, dass sie unserem Manufaktur-­ konzept entsprechen, bei dem wir uns gezielt mit exklusiven, artisanal hergestellten Produkten aus kleinen Betrieben positionieren wollen. Die Trends sind in Ihrem Job zentral. Wie erkennen Sie diese? Es gibt Megatrends wie heute beispielsweise die Nachhaltigkeit. Daraus sind dann andere grosse Trends entstanden wie das Klimabewusstsein oder der Veganismus. Wenn man das schnell realisiert und den Trend mit konkreten Angeboten füllt, kann man profitieren. Das Wichtigste ist aber, dass man dabei authentisch bleibt. Das heisst, dass man nicht jedem Trend nachrennen und auf keinen Fall das Bisherige einfach unmittelbar über den Haufen werfen darf. Das ist eine grosse Herausforderung, der sich auch Gastronomen stellen sollten. Trends gibt es viele. Welchen erachten Sie für die Gastronomie zurzeit als zentral? Heute muss man auf die Leute eingehen, die sich gesünder und bewusster ernähren wollen. Die Menschen essen pro Kopf weniger Fleisch und trinken weniger Alkohol. Insbesondere für Ersteres gibt es viele Ersatzprodukte. Die sind aber derzeit noch nicht nachhaltig und überzeugen mich aus kulinarischer Sicht nicht. Es gibt so viele gute Alternativen; Dinge, die man selbst aus Gemüse, Pasta oder Pizza machen kann. «Das Zauberwort lautet Authentizität» Seit mehr als 30 Jahren spürt Richi Kägi als Foodscout in der ganzen Welt Trends in der Kulinarik auf. Damit prägte er lange das Warenangebot von Globus Delicatessa, heute lässt er seine Funde in eigene Projekte fliessen. Im Interview rät er der Gastronomie, sich mit Trends auseinanderzusetzen – aber sich unter keinen Umständen zu verbiegen. Richard Kägi setzt auf natürliche Zutaten. Richard Kägi war Mechaniker, Bar- und Weinhandel-Betreiber und Reiseführer in Australien. Er schreibt Kolumnen und Texte für die «NZZ», den DURST und weitere relevante Medien. 2020 hat er mit «Kägi kocht» sein erstes Kochbuch veröffentlicht. Für Globus reiste er als Foodscout 30 Jahre um die Welt, immer der Nase und dem Gaumen nach. www. richardkaegi.ch – www.homemade.ch – @richifoodscout RICHI KÄGI Was ist umgekehrt ein No-Go? Die Menschen sind derzeit so aufgeschlossen – ich sehe da ehrlich gesagt nichts. Klar, eigentlich geht es nicht mehr, Produkte wie etwa Gänseleber zu essen. Aber es gibt halt einen harten Kern an Gästen, der nicht darauf verzichten will. Deshalb ist ein Bruch mit diesem Produkt nicht für alle opportun. Das Zauberwort lautet auch hier: Authentizität. Es fällt auf, dass Sie in Ihren Kolumnen, Blogs und Büchern sehr lebendig schreiben. Wie hoch ist denn in der Kulinarik der Stellenwert des Narrativs? Er ist absolut essenziell. Je schwieriger etwas zu verkaufen ist, desto besser muss die Geschichte dazu sein. Für die Gastronomie heisst das, dass man nicht von den einzelnen Produkten, sondern von sich selbst, dem Betrieb und der Philosophie erzählt – und dabei kompromisslos authentisch bleibt. Dann kommen die Geschichten von alleine. So ist es letztlich auch bei mir: Ich bin gelernter Maschinenmechaniker und Kellner – und nicht Journalist oder Koch. Doch dass ich beides mit so viel Leidenschaft mache, spüren die Leute. Und darin liegt der Erfolg.

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