Durst 02/2020

Hauptgang  11 Auch als User erwartet der Gast Antworten Die wichtige Sharingphase E xperten sprechen von fünf Phasen, die ein User anlässlich eines Restaurant- besuchs durchläuft, und nur eine spielt sich im Lokal selbst ab: 1. Die Inspirationsphase: Fondue oder Thai? Der Gast wählt die Art des Lokals. 2. Die Planungsphase: Der Gast hat sich für Thai entschieden und gibt auf Google in der Re- gel drei Suchbegriffe ein, zum Beispiel «Res- taurant», «Thai» und den Ort. Er schaut sich die Bewertungen und die Bilder auf den grössten Portalen an und besucht allenfalls noch die Websites von zwei, drei Lokalen. Danach ent- scheidet er sich für den Besuch eines Lokals. 3. Die Buchungsphase: Die Tischreservation wird online vorgenommen. 4. Der Restaurantbesuch: Das ist die einzige analoge Phase in der ganzen Geschichte. 5. Die Sharingphase: Nach dem Besuch des Lokals werden fleissig Fotos gepostet und Be- wertungen abgegeben, Kritik wird angebracht und Lob geäussert. Überschaubarer Aufwand Die allermeisten Gastronomen haben die ersten vier Phasen gut im Griff, viele unterschätzen aber die Sharingphase. Dabei gilt hier das Glei- che wie bei der imLokal geäusserten Kritik: Sie verlangt nach Antworten. Tausende von Inter- net-Usern schauen sich nämlich die im Inter- net platzierte Kritik an und lassen sich von ihr beeinflussen. Deshalb lohnt sich der Aufwand, Wer auf die Kritik der Gäste im Internet richtig reagiert, ist den Mitbewerbern einen grossen Schritt voraus. Deshalb reicht es nicht, im Internet Gäste zu gewinnen. Für den langfristigen Erfolg sollte auch der sogenannten Sharingphase Beachtung schenken. die Feedbacks im Internet zu bewirtschaften, zumal dies in der Regel mit einem vertretbaren Aufwand möglich ist. Ein Restaurant erhält pro Jahr durchschnittlich 227 Bewertungen, also weniger als eine pro Tag. ben. Auch auf die Körperhaltung sollte geach- tet werden. Der Gast nimmt diese zwar nur unterbewusst wahr, sie beeinflusst seine Re- aktion allerdings massgebend. Nicht nur die Gäste können wertvolles Feedback geben, sondern auch Freunde, Verwandte und andere Gastronomen. Es lohnt sich, sich mit ihnen auszutauschen und sie nach ihren Meinungen zu fragen. Zudem gibt es die Möglichkeit, einen Mystery Check durchführen zu lassen. Dabei kommen Experten ins Lokal und testen aus, wo noch Potenzial brach liegt. Im Internet: Auch hier sollte man sich auf die Rückmeldungen der Gäste freuen, die man er- hält, wenn man auf den wichtigsten Gastro­ nomieportalen präsent ist. Sie zeigen, wo noch Potenzial ist und werden von anderen Usern gelesen, die ein Lokal suchen. 2. Auf das Feedback reagieren Im Lokal: «Jedes Feedback ist wertvoll und hilft weiter. Wenn Kritik geübt wird, sollte das Personal nicht ins Argumentieren kommen, sondern auch Reklamationen verdanken», sagt Kurt Schempp von der feuerzeichen GmbH, der seit einem Jahr das Restaurant «Weisser Wind» im Zürcher Niederdorf führt (vgl. Inter- view auf Seite 15). Wichtig ist, dass die Mitar- beiter ihre Kompetenzen bei Kritik kennen. Kurt Schempp nennt ein Beispiel: «Wenn ei- nem Gast die Garstufe des Fleisches nicht passt, sollte man ihm entweder ein neues Stück anbieten können oder den Chef holen. In beiden Fällen fühlt sich der Gast ernst genom- men. Weniger gut kommt an, wenn man nicht weiss, wie man auf die Kritik reagieren soll und demGast zumBeispiel sagt, man müsse in der Küche nachfragen.» Im Internet: «Auch ein Gast, der sein Feedback im Internet abgibt, erwartet eine Antwort», sagt Alexander Zaugg von «re:spondelligent», einer Firma, die Online-Bewertungen bewirt- schaftet (vgl. Texte unten und auf Seite 13). Wenn man auf die Kritik eingeht, sollte man nicht in erster Linie den reklamierenden Gast im Auge haben, sondern alle, welche die Be- wertung gelesen haben. Man kann zum Bei- spiel die Antwort auf die Kritik am Preis des Rindsfilets nutzen, um auf die preiswerten Mit- tagsmenüs aufmerksam zu machen. Zudem gilt auch im Internet: Feedback ist wichtig und Kritik hilft weiter. Also auch hier Reklamatio- nen verdanken! 3. Die richtigen Massnahmen ergreifen Berechtigte Kritik ist nur dann ein Gewinn, wenn sie zu den richtigen Massnahmen führt. Man sollte als Team regelmässig zusammen- sitzen, über das Feedback der Gäste reden und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Voraus- setzung dafür ist, dass im Team eine gute Kri- tikkultur herrscht. Die ermöglicht es den Mit- arbeitenden,dieerhalteneKritikweiterzuleiten, ohne dafür abgestraft zu werden. Schliesslich geht es um das Erlebnis des Gastes und nicht um den verletzten Stolz eines Mitarbeiters oder dessen Stellung im Team. Viele Berater und andere Experten wissen aus Erfahrung: Gastronomen lassen sich oft vom strengen Tagesgeschäft auffressen und den- ken zu wenig strategisch. Dabei unterschätzen sie den Umgang mit dem Feedback ihrer Gäs- te. Gerade in Einzelbetrieben liegt in dieser Hinsicht oft ein grosses Potenzial brach, das zu nutzen sich auf jeden Fall lohnt.

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