Durst 09/2021

Markt & Trends 19 In Italien hat der Gemüsegarten eine grosse Bedeutung – nicht weil er imTrend liegt, sondern aus Tradition. Man hegt und pflegt sein Gemüse auf nachhaltige Weise und wird fast zu Selbst­ versorgern. Mein Vater arbeitete auf dem Bau und hatte keine Zeit für einen Garten. Kaumwar er als Rentner nach Italien zurückgekehrt, be­ gann er mit dem Gärtnern. Oder mein Cousin: Der unterhält einen riesigen Garten und kauft garantiert nie Tomatenmit zweifelhaftembezie­ hungsweise fehlendem Geschmack. All diese Geschichten, Gedanken und Essays sind wich­ tige Bestandteile des Buches. Die Hauptrolle im preisgekrönten Buch spielt aber das Gemüse,… …und die hat es auch verdient. Gemüse ist näm­ lich viel mehr als bloss Beilage. Ich will die Le­ serinnen und Leser dazu animieren, mit nur einem Gemüse zehn verschiedene Gerichte zu kochen. Nehmen wir zumBeispiel Blumenkohl: Denkannst duauf unglaublichvieleverschiede­ ne Weisen zubereiten. Im Idealfall stammt der Blumenkohl «dal- l’orto», aus dem eigenen Gemüsegarten. Während der Lockdowns haben sich die Men- schen in der Schweiz vermehrt um die Zube- reitung ihrer Speisen gekümmert. Ist die Schweiz ein bisschen italienischer geworden? Das kann man so sagen. Wegen Corona hatten vieleMenschen plötzlichmehr Zeit undmussten sich selbst bekochen. Mehl war eines jener Pro­ dukte, die am schnellsten ausverkauft waren, denn die Menschen wollten Mutterhefe anset­ zen und selbst Brot backen. Viele merkten, wie sie am Leben vorbeigelebt hatten, und waren extrem stolz auf ihr eigenes Brot. Womit sich der Kreis schliesst und wir wieder beimSauerteig angekommen sind. Welche Auswirkungen haben die von Ihnen beschriebenen gesellschaftlichen Verän­ derungen für die Gastronomie? Die Gäste sind sensibilisiert worden und achten vermehrt darauf, ob ein Produkt hausgemacht ist. Viele Gastronomen haben eingesehen, dass ihre Karte zu gross war. Jetzt schauen sie da­ rauf, dass alles ein bisschen verkleinert und sorgfältiger gemacht wird. Sie karren weniger Produkte aus der ganzen Welt herbei. Das ist erfreulich, denn wie gesagt: Aus einemBlumen­ kohl aus dem eigenen Garten lässt sich eine Vielzahl feiner Gerichte herstellen. Dieses Gericht aus demBuch «all’ orto» ist eine Ode an den Blumen- kohl, der hier aus der Statistenrolle hüpfen und Hauptdarsteller sein darf. Perfekt geeignet als Vorspeise oder Zwischengang. Zutaten für den Blumenkohl 1 Blumenkohl Salz Butterschmalz (geklärte Butter) 1 Scheibe Sauerteigbrot, in Brösel zerkrümelt feines Meersalz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle Zutaten für die Beurre blanc 1 Schalotte, fein gewürfelt 100 ml trockener Weisswein je 2 EL Noilly Prat (trockener Wermut) und Condimento bianco 200 ml Vollrahm 100 g eisgekühlte Butter, in Würfeln feines Meersalz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle 1 EL Colatura di alici (Sardellenessenz; alternativ eine Prise Salz) 1 unbehandelte Limette, wenig abgeriebene Schale Zubereitung 1. F ür Beurre blanc Zutaten bis undmit Condimento bianco in kleinen Topf geben und bei hoher Hitze auf 50 ml einkochen. Durch ein Sieb passie­ ren, Schalotte ausdrücken und Flüssigkeit zurück in den Topf geben. Rahmzugiessen, aufkochen. Butterwürfel mit Schneebesen einrühren, mit Salz, Pfeffer, Colatura und Limettenschale würzen. Warm halten. 2. Blätter des Blumenkohls in kochendemSalzwasser blanchieren, in Eis­ wasser abschrecken und abtropfen lassen. Kurz vor dem Anrichten in Butterschmalz anschwitzen. Blumenkohlkopf im Ganzen in kochendem Salzwasser 10 Minuten blanchieren, abtropfen, auskühlen lassen. 3. Gut zwei Drittel des Blumenkohls in Röschen zerteilen und diese in der Beurre blanc etwa 5Minuten weich garen und pürieren. Falls nötig wei­ ter einkochen, bis die Konsistenz schön cremig ist (falls sie zu dick ist, einfach mit Rahm strecken). Rest des Blumenkohls in kleine Röschen zerteilen und in Butterschmalz geduldig braten, bis sie schön braun sind. Die Brotbrösel ebenfalls in Butterschmalz knusprig rösten. 4. Püree und Blätter mittig auf den Teller platzieren, geröstete Blumen­ kohlröschen auf das Püree setzen, darüber verteilen und servieren. RE Z EP T: BLUM I GER BLUMENKOHL «Viele Italiener lieben ihren Gemüsegarten und sind fast Selbstversorger.»

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