Durst 12/2021

Hauptgang 13 Gastronom Sven Weber: «Alle suchen nach Alleinstellungsmerkmalen, aber alles ist kopierbar – ausser die Menschen, die bei dir arbeiten. Die Angestellten sind das Wichtigste. Dafür zu sorgen, dass sie sich mit dem Betrieb identifizieren, setzt Menschlichkeit voraus.» D iese Aussage hat Sven Weber ein knappes Jahr vor dem Corona-Aus- bruch im DURST gemacht. Er führt das «la esquina» in Wallisellen und die «casa esquina» in Lindau. Darüber hinaus wäre er mit seiner «Gastromotions AG» eigentlich auch als Berater tätig. «Dazu komme ich jetzt aber kaum, denn wegen des Personalmangels muss ich mich immer selbst auf den Arbeitsplan der beiden Lokale setzen», sagt er. Für ihn ist klar, warum in den letzten Monaten derart viele Mitarbeitende der Gastronomie den Rücken gekehrt haben: «Der Ursprung der Mi­ sere sind die beiden Lockdowns und die Kurz­ arbeit. Die Politik hat den Angestellten vermit- telt: ‹Deine Branche ist nicht systemrelevant, dich braucht es nicht›. Das hat viele im Herzen und in der Seele getroffen und zu Unsicherheit geführt.» Er verstehe alle, welche die Branche «Es braucht eine Charmeoffensive» Zwei Lockdowns, Kurzarbeit und jede Menge Unsicherheit: Laut Sven Weber haben die Corona-Massnahmen bei den Angestellten in der Gastronomie den Eindruck fehlender Wertschätzung hinterlassen. Das sei der Hauptgrund für den akuten Personalmangel. Der Zürcher Gastronom befürchtet einen Arbeitnehmermarkt und regt eine Charmeoffensive und eine Informationskampagne an. Sven Weber. verlassen hätten. Dabei seien weder die Löhne noch die Arbeitszeiten das Hauptproblem. Sven Weber: «Der Grund für den Personalmangel ist der Mangel an Wertschätzung.» Die liessen lei- der auch einige Gastronomen vermissen, «es ist aber in erster Linie die Wertschätzung von aussen, von der Politik, die fehlt». Dasmanifes- tiere sich auch in der Meldepflicht für freie Stel- len: «Wir halten uns strikte daran, haben aber noch nicht einen einzigen Koch oder eine Kell- nerin vermittelt bekommen.» Das sei «ein Leer- lauf, der bloss weitere Frustration erzeugt». Sven Weber spricht von einer «Todesspirale», die drohe, von einem «Arbeitnehmermarkt»: «Die Angestellten sagen, was sie verdienen wollen. Das wird die Gastronomie verteuern, die Preise werden steigen, die Gäste keine Freu­ de haben und weniger oft einkehren.» Höhere Löhne sind für ihn nicht des Problems Lösung: «So schlecht sind sie gar nicht.» Auch von neuen Arbeitszeitmodellen, die nun heftig diskutiert werden, hält er wenig: «Es sind die Gäste, welche die Arbeitszeiten bestimmen. Am Nachmittag brauche ich kein Personal.» Für ihn sind «weiche Faktoren entscheidender als harte». Deshalb brauche es jetzt «eine Infor­ mationskampagne und eine Charmeoffensive. Man muss am Image der Branche arbeiten, die Weiterbildungsmöglichkeiten und die vielen po­ sitiven Aspekte der Gastronomieberufe kom­ munizieren, den jungen Leuten zeigen, was uns jeden Tag Freude macht. Da ist auch und vor allem GastroSuisse gefordert.» All dies sei vernachlässigt worden und nun noch die Pandemie mit Lockdowns, Lohneinbussen und fehlenden Trinkgeldern dazugekommen. «Nebst der mangelnden Wertschätzung führt vor allem die Unsicherheit zur Abwanderung. Wir müssen also die Wertschätzung erhöhen und die Unsicherheit abbauen.» www.esquina.ch «Die Politik hat uns vermittelt: ‹Deine Branche ist nicht systemrelevant, dich braucht es nicht.›» Sven Weber

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx