Durst 10/2022

10 Hauptgang Die Weinbranche stehe vor grossen Herausforderungen, sagt Ursula Beutler. Sie ist CEO und Verkaufsleiterin der Wein- kellereien Aarau. DURST sprach mit der Weinexpertin über die Zeit des Wandels. Wie entwickelt sich das Weingeschäft in der Schweiz? UrsulaBeutler: Verhalten. Die Privathaushalte nutzen ihre Budgets wieder vermehrt für Reisen ins Ausland und Restaurantbesuche, nachdem sie während Corona zu Hause konsumiert haben. Die Pandemie hat das Geschäft verändert. Privat wurden vermehrt teurere Weine konsumiert, wovon nebst dem Detailhandel auch wir haben profitieren können. Dass die Welt im Wandel – Chancen für Wein Das Klima verändert sich, Lieferketten funktionieren nicht mehr, Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung, das Qualitätsbewusstsein der Gäste steigt, neue Trends etablieren sich: Der Weinsektor befindet sich in einer Zeit des Wandels. Das birgt sowohl Gefahren als auch Chancen. DURST zeigt die verschiedenen Aspekte des Wandels und wo die Chancen liegen, die es zu packen gilt. Viel Neues imWeinsektor «Nichts ist so beständig wie der Wandel.» Heraklit Ja, er ist beständig, der Wandel. Zurzeit verändert sich aber vieles rasend schnell. Lieb gewordene Gewissheiten gelten nichtmehr, man muss sich auf neue Konstellationen einstellen. Das hat in vielerlei Hinsicht Auswirkungen auf den Weinanbau und das Weingeschäft: WärmeresKlima: Der Sommer 2022 war einer der heissesten seit Menschengedenken. Das wärmere Klima beeinflusst den Weinanbau und dessen Wassermanagement. Im Wallis zum Beispiel ist die Rebsorte Syrah auf dem Vormarsch, die ein heisses, trockenes Klima bevorzugt. Die Erderwärmung macht es auch möglich, in höheren Lagen Reben zu kultivieren. «Am nördlichen und am südlichen Alpenrand haben wir gute klimatische Voraussetzungen», sagt Martin Wiederkehr. Der Geschäftsführer des Weinbauzentrums Wädenswil sieht im sich wandelnden Klima eine Chance für den Schweizer Wein: «Wir spüren, dass es tatsächlich wärmer wird, und das kommt uns zunutze.» Höhere Energiepreise: Die stark gestiegenen Preise imEnergiesektor setzen auch demWeingeschäft zu. Sie beschleunigen neue Technologien, was Investitionen bedingt. Der Preisdruck auf den Weinsektor nimmt zu. Problematische Lieferketten: Weil die globalen Lieferketten nicht mehr reibungslos funktionieren, ist auch nicht mehr jeder Wein jederzeit verfügbar. Lieferengpässe gibt es im Weinsektor vor allem bei den Glasflaschen. GefragteNachhaltigkeit: Die Gäste achten vermehrt auf Nachhaltigkeit. Das beeinflusst die Wahl des Gebindes. Ein Grossteil der CO2- Emissionen entstehe beimWein durch das Glas, sagt Ursula Beutler (vgl. Interview unten). Das lässt die Diskussion um den Einsatz von Mehrweg-Flaschen neu aufleben. Martin Wiederkehr erwähnt, dass in Skandinavien auch die BagGastronomie wieder auf Touren gekommen ist, gibt unseremGeschäft wieder eine gute Balance. Die Branche kämpft aber mit Personalmangel, viele Lokale müssen an einzelnen Tagen sogar schliessen. Deshalb kann das Potenzial zurzeit nicht ausgeschöpft werden. Die Ernte im letzten Jahr… war in der Schweiz und in ganz Europa wegen der schlechten Witterung nicht gut. Hierzulande wurden in Litern 36 Prozent weniger geerntet als in einem normalen Jahr. Vielerorts sind die Weinkeller deshalb leer, und die Ernte dieses Jahres wird volumenmässig leicht unter dem Durchschnitt ausfallen. Das bedeutet, dass die Lage angespannt bleibt und die Preise auch aufgrund anderer Faktoren steigen werden. Was meinen Sie mit «anderen Faktoren»? Da sind zum einen die Probleme mit den Lieferketten, die uns vor gewaltige Herausforderungen stellen. Ich denke aber auch an die stark gestiegenen Energiepreise. ImHinblick auf den Winter bereiten wir uns auf denWorst Case vor. «Qualität und Ökologie werden noch wichtiger» Ursula Beutler, CEO der Weinkellereien Aarau «Dass die Gastronomie wieder läuft, gibt unserem Geschäft eine gute Balance.» Ursula Beutler Martin Wiederkehr.

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