Durst 03/2023

Hauptgang 11 «Die Leute wollen auch nachts draussen sein.» Marc Blickenstorfer zunehmend eine gesellschaftliche Funktion zuteil. Während sich der Einzelhandel ins Digitale verlagert, werden auf städtischen Plätzen, in Fussgängerzonen und auch in Einkaufszentren Flächen für die Gastronomie frei. Neue Lokale mit gemütlichen Aussenflächen bringen neues Leben in die Städte. Das wissen auch die Behörden, weshalb sie die Freiflächen für die Branche grosszügiger zur Verfügung stellen als früher. Glücklich also, wer seine Gäste draussen verwöhnen kann. «Wenn du in der Stadt im Sommer erfolgreich wirten willst, dann brauchst du eine gewisse Anzahl Aussenplätze», sagt der Zürcher Gastrounternehmer Marc Blickenstorfer (vgl. Interview unten). Allerdings: Ein Selbstläufer ist die Gastronomie unter freiem Himmel nicht! Was drinnen im Lokal wichtig ist, gilt draussen vor der Tür noch stärker: Die Gäste wollen nicht bloss essen und trinken, sie wollen das besondere Outdoor-Erlebnis. «Die Aussengastronomie ist oft mit Musik und Events verbunden», sagt der Ostschweizer Gastronom Markus Ritzinger (vgl. Seite 15). Er weiss aus Erfahrung: Die Aussengastronomie ist mehr als Gastronomie draussen. Sie hat viel mit einemneuen Lebensstil zu tun, mit der «Mediterranisierung», wie die Soziologen sagen. für die Gastronomie auf öffentlichem Raum erweitert. In Zürich haben wir erreicht, dass diese Erweiterung beibehalten wird. In Zürich wurden im letzten Jahr erstmals an sechs Wochenenden «Mediterrane Nächte» bis morgens um 2 Uhr durchgeführt… …und weil diese mit über 140 beteiligten Gastrobetrieben ein voller Erfolg waren, finden sie auch in diesem Jahr wieder statt. Die Leute wollen draussen sein, auch in der Nacht. Die «Mediterranen Nächte» haben den Vorteil, dass die Leute gestaffelt nach Hause gehen und die Nachbarschaft so weniger gestört wird. Ist der Lärm generell ein Problem? Wo es Nachbarn gibt, sollte man auf sie Rücksicht nehmen. Schliesslich wollen wir ja niemanden stören. Wenn in der Umgebung keine Nachbarn wohnen, bin ich aber der Meinung, dassman die Beschallungspraxis lockern sollte. Was gilt es in der Aussengastronomie speziell zu beachten? Essen und Trinken anbieten, das reicht nicht. Einfach ein weiteres Café zu eröffnen, ist auch kein Erfolgsrezept. Es geht darum, eine Identität zu haben und zu wissen, was man verkauft. In der heutigen Gastronomie sollteman sich auf etwas spezialisieren, etwas anbieten, das die Gäste sonst nicht finden. Dabei kann man sich gut an seinen eigenen Vorlieben orientieren: Was ich selber gerne habe, wird auch vielen anderen gefallen. Und natürlich geht es darum, draussen schöne Aufenthaltsräume zu schaffen, wo man sich wohlfühlt. Wünschenswert ist natürlich, dass man diese auch überdachen und wetterunabhängig machen kann. Auf öffentlichem Grund ist das allerdings nicht möglich. Sind Pop-ups eine Möglichkeit für Gastronomen, die über keine Aussenfläche verfügen? Ja, sie sind eine Möglichkeit, sie sind aber auch so eine Sache: Der Initialaufwand ist riesig, du brauchst eine mediale Superpower. Sonst ist das befristete Projekt schon fast vorbei, wenn es ins Rollen kommt. Sie haben in der Nachtgastronomie Akzente gesetzt, und die hat unter Corona besonders gelitten. Wie geht es ihr heute? Sie hat sich erholt, die Clubs funktionieren gut. Wichtig ist auch in diesem Segment der Standort. Zudem fliessen die Nacht- und die Aussengastronomie ineinander. Wie gesagt: Die Leute wollen auch nachts draussen sein. Das haben die «Mediterranen Nächte» gezeigt. Alles zur Bedeutung der Aussengastronomie und zum zweiten Feldschlösschen TerrassenWettbewerb auf den Seiten 10 bis 15.

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