Durst 09/2023

10 Hauptgang Aus- und Weiterbildung anbieten Gerade junge Mitarbeitende wollen im Berufsleben weiterkommen. Die Lehre ist die Basis, danach folgen Weiterbildungen. Wem es ermöglicht wird, sich fortzubilden, leistet bessere Arbeit und wechselt den Job weniger häufig. Es ist Zeit, die Segel neu zu setzen Lange Zeit wähnten sich in der Schweiz die Arbeitnehmenden am kürzeren Hebel, doch mit der Coronapandemie hat der Wind gedreht. Der Fachkräftemangel, von dem inzwischen fast alle Branchen betroffen sind, gibt den Angestellten mehr Verhandlungsmacht und zwingt die Betriebe, sich attraktiver zu machen – speziell in der Hotellerie und Gastronomie. Der Fachkräftemangel ändert die Spielregeln Ja wo sind denn plötzlich all diese Leute hin? Zum Ende der Pandemie ist diese Frage samt ungläubigem Unterton in mancher Branche ziemlich unmittelbar aufgekommen. Inzwischen stellt sie sich die gesamte Schweizer Wirtschaft. Landauf, landab suchen kleine und grosse Unternehmen händeringend Mitarbeitende, Stellen bleiben zuweilen monatelang ausgeschrieben und unbesetzt. Dabei war es doch noch bis vor Kurzem das Gespenst der Arbeitslosigkeit, das von der Gesellschaft gefürchtet wurde. Der Wind hat um 180 Grad gedreht – und das irritierend schnell. Die Pandemie als Katalysator Was ist da passiert? Die Frage geht an Tabea Kaderli, Ökonomin beim Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS in Bern, das sich mit der Thematik wissenschaftlich auseinandersetzt. Sie sagt: «Der Fachkräftemangel ist nicht neu. Er war schon zu Beginn der 2000er- Jahre da und hat sich bei diversen Berufsgruppen in den letzten Jahren verstärkt. Die Pandemie hat die Entwicklung abrupt unterbrochen, mit der anschliessenden Erholung hat sie dann umso mehr Fahrt aufgenommen.» Neben dem Jahrhundertereignis Corona, das offensichtlich als Katalysator gewirkt hat, sieht So findet und hält man gute Mitarbeitende Acht Tipps Alle Kanäle nutzen Wer sein Umfeld und die richtigen Plattformen kennt, findet leichter. Deshalb lohnt es sich, mit ehemaligen Mitarbeitern in Kontakt zu bleiben und in der nahen Umgebung ebenso vernetzt zu sein wie im Internet. Ökonomin Kaderli drei weitere Gründe, die das Phänomen des Personalmangels langsamer, dafür aber kontinuierlich vorantreiben: Demografie: Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer (1946 bis 1964) gehen in Rente. Diese gut ausgebildeten Menschen gilt es zu ersetzen. Erschwerend kommt dazu, dass es jüngere Generationen nicht unbedingt in die entbehrungsreiche Branche zieht. Teilzeitarbeit: Immer mehr Leute arbeiten Teilzeit. Hier gehen individuell zwar nur wenige, in der Summe aber doch sehr viele Arbeitsstunden verloren, die kompensiert werden müssen. Technologischer Fortschritt: Die vielen neuen digitalen Möglichkeiten schaffen permanent Innovationen, die in vielen Branchen neue Berufe hervorbringen. Für diese Arbeitsstellen müssen aber zuerst neue Personen ausgebildet werden. Es kommt also zu schmerzhaften Verzögerungen. Zahl der Lernenden ist rückläufig Der Fachkräftemangel trifft nicht alle gleich. Besonders ausgeprägt ist er nicht nur in der Hotellerie und der Gastronomie, sondern auch im Bereich der Informatik, spezifisch in der Softwareentwicklung und bei den Ingenieuren. Und im von Corona belasteten Gesundheitswesen fehlt es inzwischen nicht mehr nur an den hoch qualifizierten Spezialisten, sondern auch am Pflegepersonal – was nicht zuletzt auf die seit längerer Zeit prekären Arbeitsbedingungen in diesem Sektor zurückzuführen ist. Karrierechancen aufzeigen Weiterbildung macht nur Sinn, wenn man danach eine Perspektive hat. Setzen Sie sich also mit Ihren Mitarbeitenden auseinander und finden Sie gemeinsam heraus, wohin die Reise im Betrieb für sie gehen kann. Bieten Sie den Mitarbeitenden den doppelten Lohn an, und Sie haben kein Personalproblem mehr! Weil das wirtschaftlich natürlich nicht geht, gibt es hier acht realistische und weitgehend kostenneutrale DURST-Tipps, um offene Stellen besetzen zu können. «Es fehlen nicht die Hilfs-, sondern die Fachkräfte. Das ist ein fundamentales Problem.» Tabea Kaderli

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