Durst 01/2023

28 Markt & Trends nur Bruchteile des gesamten Nahrungsmittelkuchens. Und Familie Schweizer fährt wohl kaum ins grenznahe Ausland, um sich dort mit Slow-Food-Preziosen einzudecken. Die Billigheimer sind auf der Jagd nach Schweinefilet, sechs Euronen das Kilo. Das schreckliche Leben der Tiere bei diesen tiefen Preisen interessiert keine Sau. Nichts, was schon einmal gekocht wurde Die verarbeitende Industrie sowie die Giganten und Discounter unter den Detailhändlern und Junkfood-Dealern schreiben sich andere Ansprüche als denjenigen des Geschmacks auf ihre Fahnen, wenn sie ihre Fertigprodukte zusammenbrauen und -klonen. Normiert in Grösse, Farbe und Preis, jederzeit in Massen verfügbar. Diese Quoten schliessen das wahre Gute von Beginn weg aus. Mehr noch, mit Konservierungs- und Farbstoffen versetzen sie dem ursprünglichen Geschmack der Grundzutaten den Todesstoss. Dafür wird nicht gegeizt mit Zucker, Salz, Fetten und E-Nummern jeglicher Art – das naturzerstörende Palmöl inbegriffen. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Jungs und Mädels, lernt kochen! Und alle, die sich als Botschafter des guten Geschmacks sehen, kauft natürliches Zeugs, einfach nichts, was nicht auf den ersten Blick erkennbar ist und nichts, was schon einmal gekocht wurde. Eine simple Formel, eigentlich. www.richardkaegi.ch www.homemade.ch @richifoodscout Wir lesen es nicht nur. Online oder in Magazinen und Zeitungen. Wir hören es auch ständig, kommen nicht daran vorbei. Dass inzwischen jedes ordentliche und anständige Lebensmittel einen Zeitungsartikel wert ist. Für die Foodies ein Fressen. Aber es spiegelt die Misere. Ordentlich und anständig ist die Ausnahme geworden. In meiner Jugend, und das ist nicht 680 Jahre her, gab es das nicht. ImSchrebergarten zogen wir fette Karotten in allen Farben aus dem Humus, schnitten Kohl in diverser Krausigkeit und rissen Tomaten in abartigsten Rottönen und Grössen von den Stauden. War alles völlig normal und nicht mehr wert als «cheibä guet!». Sicher, die Echos der Stimmen von jungen Slow- Foodlern, alpinen Kartoffelbauern und auf- müpfigen Frechdachsen von Köchen und Food- Journalisten hallen lange und laut nach, doch ich traue demGemüse-Frieden nicht, trotz Milliarden von Likes auf den sozialen Netzwerken. Der Fleischkonsum sinkt nicht, und beim Biofleisch sacken die Grossverteiler derart überrissene Margen ein, dass fast niemand kauft. War früher, als es noch keine Fertigmehl- mischungen für Bäckereien gab, nicht jedes Brot einfach gut? Kaum ein Laib erreichte in meiner Kindheit das Heim in seiner ursprünglichen Form. Die Bäckerei hätten wir auch mit verbundenen Augen gefunden, den frischen, ofenwarmen Broten entströmte dieser köstliche Dampf, der sich mit dem ersten Morgenlicht ins Zimmer schlich, der erste verlässliche Geruch des Tages. Die Grossverteiler brüsten sich mit phänomenalen Wachstumsraten ihrer nachhaltigen Sortimente, doch in Stück und Franken sind es RICHI KÄGI Der Foodscout ist weltweit auf der Suche nach kulinarisch Aussergewöhnlichem. Richi Kägi ist selbst ein begnadeter Koch und entwickelt die Rezepte für Homemade. Sein neues Online-Portal ist ein Ort für alle, denen Küche, Tischkultur und eine gepflegte Lebensart viel bedeuten. Der jung gebliebene 64-Jährige schreibt Kolumnen für die NZZ am Sonntag, veranstaltet Tavolatas und gibt auf seinem Blog Einblick in sein aufregendes Leben als Foodscout. Sein Buch «Kägi kocht» (AT-Verlag) erfreut sich grosser Beliebtheit. Jungs und Mädels, lernt kochen! Er ist einer der bekanntesten Foodscouts der Schweiz. Richi Kägi kennt auch die Rezepte für spannende und fein abgerundete Texte. Ab dieser Ausgabe gibt er sein Wissen als neuer Kolumnist im DURST weiter. Zu jedem seiner Artikel inspiriert er die Gastronomie auch gleich mit einem speziellen Rezept. Nachkochen ausdrücklich erlaubt! Kägis Kolumne

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